Heimat- und Geschichtsverein Igstadt im Stadtmuseum am Markt
„Da vorne steht er.“ … „Ja, ich habe ihn auch schon gesehen.“ Was sich da anhört, als hätte man einen Prominenten entdeckt, beschreibt tatsächlich die Begegnung mit einem zumindest für die Igstadter außergewöhnlichen Persönlichkeit, dem Igstadter Jupiter aus der Römerzeit. Er steht im Mittepunkt des Besuchs des Heimat- und Geschichtsvereins Igstadt im sam, dem neuen Stadtmuseum am Markt in Wiesbaden.
Dr. Bernd Blisch, der Direktor des Stadtmuseums, begrüßte die 30 Gäste und vertraute die Gruppe seiner, wie er schmulzend bemerkte, „besten Kraft“ Frau Weber an. Und damit hatte er nicht übertrieben. Bei der anschließenden fachlich fundierten und spannend gestalteten Führung durch die Dauerausstellung mit den 12 Lieblingsstücken Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger und herausragenden Exponaten aus der Sammlung Nassauischer Altertümer bekamen die Igstadter tiefe Einblicke in die Wiesbadener Geschichte, von der Steinzeit bis in die Gegenwart.
Igstadt ist im sam prominent vertreten. Gleich dreimal werden Objekte, die in der Igstadter Gemarkung entdeckt wurden, in der Ausstellung präsentiert. Zu Beginn des Rundgangs sind ausgewählte Stücke aus der altsteinzeitlichen Fundstelle im Wäschbachtal zu bewundern: ein durchbohrtes Geröll und eine ebenfalls durchbohrte Muschel. Beides sind vermutlich Anhänger, die von den Pferdejägern zu Schmuck verarbeitet wurden. Für diese erste von 12 Stationen ausgewählter Lieblingsstücke, hat der 1. Vorsitzende des HGV, Michael Weidenfeller, die Patenschaft übernommen. Als weiteres Objekt mit Igstadter Vergangenheit wird in der Ausstellung ein kleines Holzkreuz vorgestellt. Solche Holzkreuze wurden von polnischen Zwangsarbeitern, die in der Untermühle wohnten, während des 2. Weltkrieges angefertigt und verkauft. An dieser Stelle bedankte sich die Frau Weber für den Hinweis auf einen Fehler, der sich in der Beschreibung zu diesem Objekt eingeschlichen hatte. Den aufmerksamen Igstadtern war aufgefallen, dass die Lage der Untermühle mit „Wäschbachtal“ angegeben ist. Tatsächlich befindet sie sich im Wickerbachtal.
Der Höhepunkt des Rundgangs war zweifellos die Begegnung mit „unserem Juppi“, wie ihn die Igstadter liebevoll nennen. Der Jupiter ziert zu Recht den Briefkopf des Heimat- und Geschichtsvereins Igstadt. Er ist einer der bedeutendsten und best erhaltenen römerzeitlichen Funde Wiesbadens. Entdeckt wurde die 2000 Jahre alte Figur aus hellem Sandstein 1878 beim Bau der Ludwigsbahn, die Wiesbaden mit Limburg verbindet. Der Jupiter war römischer Staatsgott und sollte den landwirtschaftlichen Betrieben den Schutz des römischen Reiches gegen die einfallenden Germanen geben. Als ein besonderes Exponat der Sammlung Nassauischer Altertümer war er viele Jahre im Steinsaal des Wiesbadener Landesmuseums zu sehen, bevor er für eine lange Zeit ein würdeloses Dasein in einer Kiste in einem unzugänglichen Depot fristete.
Jetzt ist er aus allernächster Nähe zu bewundern. Und davon machten die Igstadter reichlich Gebrauch. Faszinierend die feine Steinmetzarbeit, die auch heute noch erahnen läst, dass hier ein Meister am Werk war. Der kräftige Bart, die Muskelpartien des Oberkörpers und insbesondere die feinen Verzierungen des Thrones sind bis ins Kleinste erhalten. Seine 2000 Jahre sind ihm nicht anzusehen, im Gegenteil. Seine Haltung drückt Willenskraft, Macht und Stärke aus. Sein Gesichtsausdruck wirkt hingegen eher väterlich. Bei soviel Schwärmerei verwundert es nicht, dass die Igstadter am Ende des Rundgangs einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft wagten. Der Neubau der Rettungswache lässt hoffen, dass das alte Feuerwehrhaus als Haus der Vereine umgebaut wird. Darin könnte auch ein kleines Heimatmuseum eingerichtet werden. Ob allerdings der Jupiter hier einziehen würde, scheint eher unwahrscheinlich. Doch träumen darf man. Vielleicht wird er ja mal im Rahmen einer Sonderausstellung Igstadt besuchen. Einen entsprechenden Empfang und viel Zuwendung können die Ihster auf jeden Fall garantieren.
Michael Weidenfeller
Jupiter ist unser prominentestes Vereinsmitglied. Nur mit dem Bankeinzug seines Mitgliedsbeitrages hapert es seit Jahren!