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Die Anfänge des Dorfes Igstadt dürften - wie bei einigen Nachbargemeinden - bis in die urkundenlose Zeit der fränkischen Landnahme im 6. und 7. Jahrhundert zurück reichen. Ein vermutlich fränkisches Gräberfeld, das 1946 bei einem Scheunenbau angeschnitten, aber archäologisch nicht erforscht wurde, könnte zur genaueren Datierung der frühen Ortsgeschichte beitragen. Der Ortsname leitet sich wahrscheinlich von einem fränkischen Grundherrn names Igo oder so ähnlich ab.
Bei den ersten beiden (derzeit bekannten) urkundlichen Ortsnennungen in den Jahren 1241 und 1251 geht es nicht um Igstadt selbst, vielmehr traten Igstadter, darunter der Dorfpfarrer Arnoldus, als Zeugen für Rechtsgeschäfte in Nachbargemeinden auf. Für die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts liegen schon mehr als zwanzig Urkunden vor, in denen vor allem das Mainzer Altmünster-Kloster als Ortsherr in Erscheinung tritt und sich mit Rechtsstreitigkeiten um die Igstadter Vogtei auseinander zu setzen hat. Ebenfalls schon im 13. Jahrhundert werden das Mainzer Domkapitel und das St. Peter Stift mit kleinerem Grundbesitz in Igstadt genannt.
Größter Grundherr und damit Ortsherr, dem die Vogteirechte und die Collatur (Einsetzung der Geistlichen) zustanden, war das Altmünster-Kloster mit ursprünglich über 400 Morgen Land. Wie dieses im 8. Jahrhundert gegründete Mainzer Kloster zu seinem Igstadter Besitz kam, ist unbekannt; die Schenkungsurkunde dürfte für immer verloren sein, konnte doch das Kloster selbst in einem Besitzverzeichnis von 1735 nur angeben, dass es in Igstadt „von ohnerfindtlichen Jahren“ einen freien Hof sowie den großen und kleinen Zehnten „in würcklichem besitz“ gehabt habe. Die ersten überlieferten Besitzverzeichnisse datieren zu Anfang des 14. Jahrhunderts. Einen Hof mit ca. 130 Morgen Land in Igstadt erhielt das Kloster Gnadenthal (bei Camberg) von dem in Igstadt und Nachbargemeinden begüterten Ritter Dehrn im Jahr 1305. Beide Klöster bewirtschafteten ihre Güter nicht selbst, sondern verpachteten sie an Igstadter Bauern; die Erbpachtverträge mit den Vorfahren teilweise heute noch ortsansässiger Familien können vom 14. bis ins 19. Jahrhundert verfolgt werden. Außerdem verfügten weitere Mainzer Stifte und Klöster über Grundbesitz bzw. Einkünfte in Igstadt.
Die Nonnen des Altmünster-Klosters übertrugen schon vor der urkundlichen Zeit die Ausübung der weltlichen (Vogtei-)Macht den Grafen von Ziegenhain, die ihrerseits verschiedene Ritter mit der Igstadter Vogtei belehnten. Die Eppsteiner Herren besaßen über Igstadt zwar die Oberhoheit durch das Mechthildshäuser Hoch(Blut-)Gericht, jedoch keine eigene Grundherrschaft. Nach dem Aussterben der Ziegenhainer im Jahr 1454 fiel diese Grafschaft als Erbe an die Landgrafschaft Hessen, die nun auch die Igstadter Vogtei für sich beanspruchte. Nach dem Verkauf der später so genannten „Ländchen“-Orte einschließlich Igstadt durch Gottfried IX. von Eppstein an Hessen im Jahr 1492 und der gut 40 Jahre später folgenden Einführung der Reformation verdrängten die Landgrafen von Hessen-Marburg bzw. -Kassel das Altmünster-Kloster immer weiter aus seinen hoheitlichen Rechten in Igstadt. Als 1532 der katholische Pfarrer starb, verweigerte der hessische Amtmann von Eppstein die Nachbesetzung durch das Altmünster-Kloster. Ab dieser Zeit hatte nur noch dieser Amtmann das Sagen in Igstadt; außerdem kassierte er - abgesehen vom Zehnten - alle bisherigen Abgaben an das Kloster. Altmünster konnte weiterhin über seinen Grundbesitz verfügen, verlor aber alle Rechte als Ortsherr. Selbst die Klage des Kloster vor dem Reichskammer-Gericht in Speyer (1580), die vom Mainzer Erzbischof tatkräftig unterstützt wurde, änderte nichts an den tatsächlichen Machtverhältnissen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts lebten in Igstadt 71 Familien.
Im 30-jährigen Krieg erging es Igstadt nicht besser als vielen Nachbargemeinden; von 73 Haushalten im Jahre 1610 blieben 1643 noch 20 Einwohner. Die Bevölkerung wurde beraubt, gebrandschatzt und gemordet. Es wird berichtet, dass die Pfarrersfrau im Beisein ihres Mannes von marodierenden Soldaten enthauptet wurde. Auch lange nach dem Krieg lagen viele Hofreiten noch wüst. Das Altmünster-Kloster verringerte die Kornpacht erheblich mit der Auflage an die Pächter, den zerstörten Altmünsterhof wieder herzurichten. Zwischen 1670 und 1680 erstanden auch das Pfarrhaus und die Pfarrscheune neu.
In den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts waren auf Anweisung des (seit 1651 hessen-darmstädtischen) Landesherrn auch im „Ländchen“ neue Lager(Grund-)bücher, Feldmess- und Gewannbücher sowie Zehntregister anzulegen. In Igstadt wurden 60 Hofreiten mit 53 Häusern sowie 15 „ledige“ Hofreiten statistisch erfasst. Trotz erheblicher Belastungen im Zusammenhang mit den Truppenbewegungen der vielen Kriege des 18. Jahrhunderts, die hier zwar keine Kämpfe, aber Einquartierungen und drückende Kontributionen mit sich brachten, konnte Igstadt in den Jahren zwischen 1726 und 1728 seine baufällige und zu klein gewordene Kirche durch eine neue ersetzen. Das Mainzer Altmünster-Kloster spendete seiner ehemaligen, aber lange schon protestantischen Patronatskirche zur Einweihung ein wertvolles barockes Kruzifix, das heute noch über dem Altar steht.
Die Zeit zwischen 1792 und 1814 war für Igstadt und die Nachbargemeinden nochmals durch schwere Kriegslasten als Folge der Kämpfe um die Festung Mainz in den Revolutionskriegen überschattet. Doch dann brachte das 19. Jahrhundert die Abschaffung aller „mittelalterlichen“ Abgaben wie Fastnachtshühner, Weidhämmel, Jagdthaler, Schützenkorn u. dgl. mehr, die Ablösung der Grundlasten und des Zehnten, Bodenverbesserungen und eine Flurbereinigung (sog. Konsolidation), aber auch ein neues Steuersystem. Igstadt wuchs von rund 480 Einwohnern im Jahr 1817 auf rund 750 Einwohner am Ende des 19. Jahrhunderts. Das Dorf erhielt eine neue Schule (1821), einen größeren Friedhof am Ortsrand (1857), vor allem aber den Anschluss an die Bahnstrecke von Wiesbaden nach Niedernhausen (1879). In den Jahren vor dem 1. Weltkrieg entstanden ein Wasserwerk am Wickerbach, eine Wasserleitung und 1910 der weithin sichtbare Igstadter Wasserturm. Der Anschluss an die Stromversorgung kam 1911. Die Schule wurde erweitert und das Pfarrhaus neu gebaut; auch einen neuen Bahnhof erhielt Igstadt. Im 1. Weltkrieg fielen 34 Igstadter; französische und englische Einquartierung folgten. Im Jahr 1924 begann der Siedlungsbau im Wäschbachtal. Die ersten Busse nach Wiesbaden fuhren 1927 und am 1. April 1928 wurde Igstadt mit damals 924 Einwohnern nach Wiesbaden eingemeindet.