Um Dopplungen der Straßennamen innerhalb Wiesbadens zu vermeiden, wurden 1955 in Igstadt 12 Straßen umbenannt. Der Ortsbeirat hatte hierzu ein Vorschlagsrecht und machte von diesem in mehreren Sitzungen Gebrauch. Vielfach hat sich jedoch im Sprachgebrauch der Alteingessenen die ältere Bezeichung erhalten. Wenn Sie also die "Hinnergass" hören, ist damit die Altmünsterstraße gemeint. Weitere Straßennamen kamen durch das Anlegen neuer Straßenzüge hinzu.
Umbenannt wurden:
Altmünsterstraße, vormals Hintergasse.
Breckenheimer Straße, vormals Vordergasse.
Dornkratzstraße, vormals Gartenstraße.
Glöcknerstraße, vormals Bahnhofstraße.
Hauptstraße, vormals Hauptstraße mit Stichstraßen Obergasse und Untergasse.
Hinterbergstraße, vormals Kloppenheimer Straße.
Medenbacher Straße, vormals Taunusstraße.
Nordenstadter Straße, vormals Mainzer Straße.
St.-Gallus-Straße, vormals Mittelgasse.
St.-Walbertus-Straße, vormals Vordergasse.
Susannastraße, vormals Bierstadter Straße.
Neu angelegt wurden nach 1955:
Alte Brücke, Am Heiligenhaus, Am Mühlweg, Am Wasserturm, Am Wiesenhang, An der Allee, Sudetenstraße, Vorm Graben,
Weingartenstraße, Zum Golzenberg.
Die Florian-Geyer-Straße hieß seit dem Bau der "Siedlung" und der Anlage der Straße von 1925 bis 1933 Friedrich-Ebert-Straße. Die Umbenennung aus dem Jahr 1933 in
Florian-Geyer-Straße blieb erhalten.
Als 1955 Straßennamen umbenannt werden mussten, um Dopplungen innerhalb des Wiesbadener Stadtgebietes zu vermeiden, wurde auch über einen neuen Namen für die Bierstadter Straße nachgedacht. Der Ortsbeirat entschied sich für den Namen "Susannastraße" zur Erinnerung an die erste und älteste Glocke der Igstadter Kirche, die seit 1456 im Kirchturm angebracht ist. Diese Glocke hat nicht nur den Dreißigjährigen Krieg überstanden, sondern blieb auch aufgrund ihres Alters von dem Umschmelzen der Kirchenglocken zu Kriegsgerät im Ersten und Zweiten Weltkrieg verschont. Eine große Überraschung und die Aufklärung eines Irrtums erfolgte im Jahr 1985: Die Glocke wurde bei der Reparatur gesäubert und beim genauen Hinschauen unter guten Lichtverhältnissen entdeckte man, dass sie keineswegs SUSANNA heißt.
Sie trägt in gotischem Duktus und römischen Zahlenzeichen die Inschrift „SV - ANNA - HEIS – ICH - JOST - VETTER - GOT - MICH -- M - CCCC - LVI - (1456)“. "SV - ANNA" wird als Sancta virgo Anna gedeutet und auf den Annen-Kult (Anna Selbdritt) der damaligen Zeit zurückgeführt. Doch die Bierstadter Straße, die nach der Glocke in „Susannastraße“ umbenannt wurde, behielt ihren Namen und erinnert hiermit an den vielleicht schon jahrhundertealten Irrtum.
"Es würde in Igstadt keine Sudetenstraße geben, wenn man nicht gut miteinander ausgekommen wäre", so beurteilte Josef Zeitler (verst. 2020) aus Elbogen / Sudetenland in einem Interview 2016 die damalige Entscheidung des Ortsbeirates zu der Namensgebung. Ca. 300 Vertriebene aus dem Sudetenland musste das 1000-Einwohner-Dorf völlig unvorbereitet im Herbst 1946 aufnehmen. Sie wurden "zugewiesen" und zwangseinquartiert. Wie sich aus dem zunächst unfreiwilligen Zusammenleben eine Dorfgemeinschaft entwickelte, wird ausführlich in der Dokumentation des HGV "Als der Krieg zu Ende war. Igstadt nach 1945 - Chancen und Schwierigkeiten eines Neubeginns" beschrieben. Ein äußeres Zeichen der Wertschätzung und Integration ist in der Namensgebung "Sudetenstraße" für die neu angelegte Straße zu sehen. Lesen Sie hierzu den nachstehenden Bericht im PDF-Format "Die Sudetenstraße".
Bereit im 13. Jahrhundert wurde in Igstadt nachweislich über die Zinsbücher des Altmünsterklosters zu Mainz Wein angebaut. Die Ernten und die Qualität der Weine waren nicht immer gut, wie wir aus den späteren Igstadter Kirchenbüchern wissen. 1929 wurden auch die letzten Rebstöcke entfernt, sie fielen einer Krankheit zum Opfer. Die Weingartenstraße, die Mitte der 1950er Jahre mit der Sudetenstraße angelegt wurde, erinnert an diese langjährige Tradition des Weinbaus in Igstadt. Lesen Sie hierzu den nachstehenden Beitrag von Ruth Lichtenheldt.